Europäische Biotechnologieunternehmen mit Pipeline-Projekten in der klinischen Phase sollten so gut wie immer in den USA vertreten sein (es sei denn, ihr Geschäftsmodell sieht eine Vermarktung in den USA nicht vor). Doch wie sieht es mit europäischen Biotechnologie-Startups aus, die bislang nur präklinische Projekte haben? Wann sollten diese Unternehmen es in Erwägung ziehen, eine Präsenz in den USA zu errichten? Dieser Artikel untersucht diese Frage, indem vier entscheidende Punkte beleuchtet werden: Personal, Kapital, Networking und Haftung.
Personal: Das mit einem Pipeline-Produkt eines Biotechnologie-Startups zusammenhängende geistige Eigentum ist zwar wichtig, dennoch darf das Humankapital keineswegs vernachlässigt werden. Europäische Biotechnologie-Startups könnten sich bei Ihrer Suche nach Angestellten, die hinsichtlich amerikanischer Vorschriften für die Herstellung und die klinische Entwicklung bereits Erfahrung mitbringen, einer großen Herausforderungen gegenübergestellt sehen: der Risikovermeidung. Aus kultureller Sicht ist Europäern die Jobsicherheit wichtiger als Amerikanern. Dieser Unterschied hat mitunter zur Folge, dass es in den USA vergleichsweise leicht ist, Biotechnologie-Unternehmer zu finden.
Unabhängig davon, würde eine in den USA ansässige Zweigstelle dennoch einen Fehler begehen, wenn sie ausschließlich Personal aus den USA einstellen würde. Ich habe bereits europäische Biotechnologieunternehmen gesehen, die an beiden Enden des Spektrums bei der Integration nach der Fusion Fehler begangen haben: (a) sie nahmen komplette und uneingeschränkte Rücksicht auf ihr neues US-Unternehmen (beim Treffen von Managemententscheidungen) und (b) sie nahmen keinerlei Rücksicht auf ihr neues US-Unternehmen, weil sie der Expertise ihres neuen amerikanischen Teams nicht vertrauten. Beim idealen Mittelweg werden normalerweise Angestellte mit Kenntnissen über die Region mit bisherigen Mitarbeitern aus dem europäischen Mutterunternehmen kombiniert. So können Transparenz und ein erhöhtes Unternehmenswissen sichergestellt werden.
Kapital: Wie, wann und wo wird das europäische Biotechnologie-Startup Kapital beschaffen? Die Wall Street liebt Biotechnologie-Aktien. Viele (wenn nicht sogar die meisten) Risikokapitalgesellschaften in den USA werden jedoch nur in Biotechnologie-Startups investieren, die in den USA vertreten sind. Mehrere europäische Startup-Unternehmen haben dies erkannt und ließen sich deshalb in Amerika an der Börse notieren, in der Hoffnung dort höher bewertet zu werden als auf den europäischen Aktienmärkten.
Sollte ein Biotechnologie-Unternehmen indessen ausreichend finanziert sein, um sämtliche Kosten des klinischen Entwicklungsplans bis einschließlich Phase 3 abzudecken, ist die Kapitalbeschaffung kein Thema. Die meisten Biotechnologie-Startups müssen jedoch auf diesen Luxus verzichten und suchen deshalb nach Geldmitteln von Risikokapitalgesellschaften, Entwicklungspartnern oder einer Kombination dieser beiden.
Networking: Das Humankapital ist wichtig, allerdings muss ein europäisches Biotechnologieunternehmen mehr als nur seine Angestellten berücksichtigen. Beispielsweise können amerikanische Fachbeiräte dem Unternehmen Zugang auf entscheidende Meinungsführer verschaffen. Diese können während der präklinischen Phase auf die USA zugeschnittene Führung bieten – sowohl hinsichtlich gewünschtem Produktprofil und klinischem Entwicklungsplan als auch was relevante Versorgungs- und Behandlungspfade in den USA angeht.
Die Kapitalbeschaffung könnte sich weiterhin als schwierig erweisen, wenn Sie noch keinen Grundsatzbeweis gebracht haben. Die Vernetzung mit potenziellen Lizenzpartnern wird Ihnen deutlich leichter fallen, wenn sich Ihr Geschäftsentwicklungsteam in einem der großen Biotechnologiezentren der USA befindet (z.B. in Boston, San Francisco, New Jersey/New York oder im Research Triangle Park).
Haftung beschränken: Trotz der Vorteile einer Präsenz in den USA während der präklinischen Phase sollten europäische Biotechnologie-Unternehmen sorgfältig planen, wie sie ihre Haftung aus rechtlicher und steuerlicher Sicht beschränken. Wenngleich einem europäischen Unternehmen eine Reihe verschiedener Pfade zur Auswahl stehen (je nach seinen besonderen Umständen), lautet eine allgemeine Möglichkeit, in den USA zu gründen und dem Vorstand des neuen amerikanischen Unternehmens die volle Befugnis zu erteilen, Managemententscheidungen zu treffen. Was die Finanzierung angeht, so könnte das US-Unternehmen als Serviceanbieter tätig sein (in etwa wie ein Auftragsfertiger oder eine Forschungsorganisation, allerdings mit vollständiger Autonomie) und dem europäischen Unternehmen eine Gebühr für die Entwicklung des Pipeline-Medikaments berechnen (das immer noch Eigentum des europäischen Unternehmens ist). Die kompletten Betriebskosten könnten von der anfänglichen Finanzierung des europäischen Biotechnologie-Unternehmens in Form eines verzinslichen Darlehens getragen werden.
Wie Sie sehen gibt es Mittel und Wege für junge Biowissenschaftsunternehmen von einer Präsenz auf dem US-Markt zu profitieren und gleichzeitig Risiken zu minimieren. Um mehr über Eintrittsstrategien auf den US-Markt zu erfahren, die zu Ihren Unternehmenszielen passen, sollten Sie Ihre F&E-Strategie und Ihren Geschäftsplan mit einem Anwalt durchsprechen.